Blended Warm Up - Das "Neue" integrieren, das "Alte" nicht vergessen!
Funktionelles Aufwärmen ist mittlerweile Bestandteil des Aufwärmprogrammes in vielen Sportarten geworden - doch manchmal ist zu "functional" zuviel des Guten. Wie, warum, wieso - mehr im folgenden Artikel.
Funktionelles Aufwärmen ist kurz gesagt ein an die Beanspruchung der Sportart angepasstes Programm, dass neben allgemeinen Aufwärmübungen in der Regel dynamsiche Dehnübungen, Aktivierungsübungen und Verletztungsprophylaxeübungen enthält.
Seit 2006 haben immer mehr solcher Übungen Einzug in deutsche Sporthallen und Sportplätze gehalten und dabei viel Diskussionen ausgelöst. Dynamische Dehnübungen ersetzten statisches Dehnen, Miniband und sonstige Aktivierungsübungen für Rumpf und Hüfte werden auch von Boulevard-Blättern nicht mehr kritisch hinterfragt und komplexe Kräftigungsübungen innerhalb des Aufwärmen tragen in Programmen wie Fifa11+ dazu bei, Verletzungen und Verschleißentscheidungen entscheidend zu verhindern.
Beispielsweise ist die Übung „Clamshell“ (siehe Video) eine sehr gute Aktivierungs- und Kräftigungsübung für die Gesäßmuskulatur und damit eine Präventionsübung für das Hüft- und Kniegelenk. Der Übende muss aber die Fähigkeit besitzen, in der Seitlage die Rumpfmuskulatur entsprechend zu stabilisieren und gezielt sowie kontrolliert aus der Hüfte zu arbeiten. Falsch ausgeführt kann man bei dieser Übung zwar nichts kaputt machen, aber der Nutzen der Übung verpufft nahezu.
Eine Übung, die zum Beispiel selbst im professionellen Sport häufig falsch gemacht wird, weil sie einen gewissen Lernaufwand benötigt, der häufig unterschätzt wird oder die jeweiligen Sportler (noch) nicht fokussiert genug sind, ist die Übung „Inverted Hamstring“ oder „Standwaage“ (siehe Video). Die Übung zielt auf die Aktivierung der Gesäßmuskulatur und des Rumpfes ab, sowie stellt eine aktive Dehnungsübung für die Muskulatur der Oberschenkel Rückseite des Standbeines dar. Damit diese Übungsziele angesteuert werden können, muss zum einen der Rumpf und der Oberschenkel des Spielbeines immer eine Linie bilden sowie der Oberkörper parallel waagerecht zum Boden, statt aufgedreht, gehalten werden. Dies gelingt wenigen Athleten und die Übung verkommt zu einem unkoordiniertem Bewegen und Vorbeugen auf einem Bein. Ein weiteres Detail, dass fast nie richtig gemacht wird ist, wenn man nicht gerade Leistungsschwimmer ist, dass die Fußspitze des Spielbeines immer zum Schienbein, also eine Dorsalflexion im Sprunggelenk, gezogen wird. Nur so ist eine entsprechende Spannung im Gesäß auch möglich.
Zwei kleine Beispiele von Übungen, die häufig Bestandteil eines funktionellem Warm Up Programmes sind, die aufzeigen, dass es in jeder Übung wichtige kleine Details gibt, die es zu beachten und somit zu lernen gibt. Macht man diese Übungen richtig, liefern sie einen unglaublichen Mehrwert - falsch ausgeführt, reine Zeitverschwendung oder gar gefährdend, weil man sich einen Warm-Up-Effekt erhofft, dieser aber gar nicht ankommt. Daher der Tipp: starten Sie als Trainer mit einem funktionellem Programm, integrieren sie maximal drei, besser nur zwei neue Übungen alle drei bis vier Wochen um den Übenden die Zeit zu geben die Übungen gut auszuführen und zur Routine werden zu lassen. Erfahrung, insbesondere Bewegungserfahrung braucht sein Zeit.
Ein weiterer Punkt neben dem Lernaufwand und der Bewegungserfahrung zu beachten ist, ist das Verhältnis zwischen allgemeinen Aufwärmübungen und funktionellen Übungen, die vermeintlich ohne viel Bewegen oder „in Place“ durchgeführt werden. Allgemeine Aufwärmübung sind solche die koordinativ einfach durchzuführen sind und zunächst das Ziel „Erwärmen des Organismus“ und „Erhöhung des Pulses“ im Vordergrund rücken. Dies sind in der Regel verschiedene Laufübungen, kreisende Bewegungen des Oberkörpers und Arme sowie Kombinationen dieser. Stimmt das Verhältnis zwischen diesen allgemeinen Übungen und funktionellen Übungen nicht, erreicht man vielleicht einen kräftigenden oder mobilisierenden Effekt durch die funktionellen Dehn- und Kräftigungsübungen, das eigentlich Ziel des Aufwärmens ist aber vielleicht gefährdet, weil schlichtweg der Puls des Sportlers zu niedrig und die Gelenk noch nicht richtig geschmiert sind. Ein gutes Warm-Up-Programm besteht meiner Meinung nach zumindest aus 50% der Zeit Übungen, die den Puls nach oben treiben, was sich je nach Level der Sportler (je erfahrener des weniger nötig, aber 1/3 nicht unterschreiten) und Außentemperatur (je kälter das Wetter / die Halle, desto mehr allgemeine Übungen) etwas verschieben kann. 15 min funktionelles Warm Up und Puls 90 - das passt nicht zusammen - schließlich ist neben Verletzungsprophylaxe und präventiven Dehnübung das Hauptziel im Aufwärmetraining das Vorbereiten auf die nachfolgenden sportlichen Belastungen - und hier sollte der Sportler „heiß“ darauf sein - psychisch und physisch.
Beispiele allgemeine Aufwärmübungen findet man nachfolgend in den Videos. Für weitere Übungensvideos auf DVD oder eine Übungssammlung und vollständige Programme klicken Sie auf die hinterlegten Links.
Lineare Lauffübungen:
Seitliche Laufübungen:
Übersteigerlauf:
BWS-Mobilität im Gehen:
Diemo Ruhnow