WISSEN - Muskelverletzungen besser verstehen

Nach dem Artikel über das Gelenkspezifische Aufwärmen und die „Gelenk-für-Gelenk“-Philosophie möchte ich jetzt noch eine weitere vereinfachte Weisheit zum besseren Verständnis von Verletzungen liefern. Neben Schmerzen in den Gelenken klagen Athleten sicherlich weit häufiger über Muskelverletzungen wie Zerrungen und Muskelfaserrisse.

Hier muss zuerst die Art der Verletzung angeschaut werden, ob es sich um Fremdeinwirkung handelt oder wie im Badminton eher üblich um eine evtl. traumatische Überlastung.
 
Schaut man sich Überlastungsverletzungen in einer Muskelschlinge an, so gilt der Anhaltspunkt auf einen schwachen Synergisten/Mitspieler zu achten. So z.B. bei den häufig vorkommenden Verletzungen der hinteren Oberschenkelmuskulatur, die in der Hüftstreckung/Beinbeugung der Synergist von der Gesäßmuskulatur ist. Wenn die Gesäßmuskulatur nun aber durch zu viel Sitzen und mangelndem Training zu schwach trainiert ist, dann muss die hintere Oberschenkelmuskulatur mehr Arbeit übernehmen, als sie eigentlich in der Lage ist und für die sie eigentlich funktionell gebraucht wird. Dies schafft der hintere Oberschenkel aufgrund der Kompensationsfähigkeiten des Körpers eine Zeit lang, aber dann ist plötzlich die Grenze überschritten und die Muskelfasern nicht mehr in der Lage dem Widerstand standzuhalten.
 
Wird der Blick nun aber nur auf die verletzte Muskulatur gelegt oder klüger nach einer Dysbalance zwischen Agonist und Antagonist/Gegenspieler gesucht, so lautet in beiden Fällen bei unserem Beispiel die Schlussfolgerung, dass die hintere Oberschenkelmuskulatur auf trainiert werden muss.
 
Dadurch löse ich aber keineswegs die Ursache-Folge-Kette des schwachen Synergisten, so dass eine erneute Verletzung der hinteren Oberschenkelmuskulatur mehr als sehr wahrscheinlich ist. Dieses Phänomen ist gut im früheren Fußball zu beobachten, wo augenscheinlich extrem trainierte hintere Oberschenkel trotzdem nicht vor signifikant häufigen Verletzungen dieser Muskelgruppe schützten.
„Die häufigste Verletzungsart waren Muskel-/Sehnen-Verletzungen. Dabei handelte es sich insbesondere um Muskelzerrungen und –faserrisse sowie muskuläre Probleme an der Oberschenkelrückseite. (…) Auch multimodale Präventionsprogramme, die einfach in das Aufwärmprogramm integriert werden können, dürften die allgemeine Verletzungshäufigkeit senken.“ (FAUDE, MEYER, FEDERSPIEL, KINDERMANN: Verletzungen im deutschen Profifußball – eine Analyse auf Basis von Medieninformationen. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin Nr.6 2009 S.139-144)
 
Also bei gehäuft auftretenden Muskelverletzungen die funktionelle Kette bemühen bzw. einen Blick auf die an der Bewegung mitarbeitenden Muskeln werfen und die Leistungsfähigkeit dieser Synergisten prüfen.      
 
Marcus Busch
 
      
 
 
 
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